Wanderung Trolltindene – ein fantastisches Gebirgsmassiv
Wolken verdecken die Trolltindene. Dort oben scheinen die Trolle dafür zu sorgen, dass kein menschliches Wesen die Gipfel über die 1000 Meter lotrecht aufsteigende Felswand erreichen kann.
Eine der Sehenswürdigkeiten im Romsdalen ist Trollveggen, die Trollwand. | |
Erst vom Parkplatz unterhalb der höchsten, senkrecht abfallenden Felswand Europas bekommt man eine Vorstellung von der Größe dieser bis zu 1800 Meter hohen Bergformation. Zwischen den verschiedenen Gipfeln ragen kleinere Zinnen wie zerbrechliche Nadelspitzen in den Himmel. Wie Trolle, die dafür sorgen, dass kein menschliches Wesen die Gipfel der über 1000 Meter senkrecht aufsteigenden und 50 Meter überhängenden Felswand erreichen kann. Besonders dann, wenn Wolkenfetzen den Blick nur teilweise auf diese Zinnen freigeben, verstärkt sich dieser Eindruck. Und tatsächlich schien es lange Zeit unmöglich Trollveggen zu durchklettern. Erst im Jahre 1965 gelang es einer norwegischen und einer englischen Seilschaft die Wand zu bezwingen. Die norwegische Gruppe erreichte den Gipfel (Trollryggen) einen Tag früher als ihre englischen Konkurrenten. Später wurden neue Routen erklettert. Heute sind auch Winterbesteigungen möglich. |
Wo ist der Weg? | |
Wir haben ein Hochtal erreicht. Vor uns liegt eine riesige Steinwüste. Links versperrt eine Geröllhalde den Weg. Am Ende und auf der rechten Seite des Hochtals sind es steile, mit Eis und Schnee bedeckte Bergwände, die ein Weiterkommen unmöglich machen. Ich bin enttäuscht. Sollte dieses kleine Abenteuer schon hier enden? Wir legen eine Pause ein und studieren die Karte. Ein Weg ist nicht mehr zu erkennen. Überall steile Felswände, Geröll und Schneefelder. Der Weg muss über das Geröllfeld gehen! Dies bestätigt eine kleine Wandergruppe, die in Richtung auf das Geröllfeld an uns vorbeizieht. Nach kurzem Familienrat trennen wir uns. Meine Frau und meine Tochter wollen keine weiteren Anstrengungen auf sich nehmen und machen sich auf den Weg zurück zum Parkplatz. Mein Wunsch und mein Ziel ist es in die Nähe der Trolltindene zu kommen. Das Geröllfeld zu überqueren ist äußerst anstrengend. Von Stein zu Stein springend, muss ich auf einer Strecke von vielleicht 1,5 Kilometer etwa 400 Höhenmeter überwinden. Mein Ehrgeiz ist so groß, dass ich die Strecke, so empfinde ich es, in relativ kurzer Zeit schaffe. Die vor mir gestartete Wandergruppe ist auf diesem riesigen Geröllfeld kaum zu erkennen. Sie wird vom eintönigen Grau der Steine regelrecht verschluckt. Endlich habe ich den Rand des Geröllfelds erreicht. Durchatmen und staunen. Um mich herum hat die Natur eine grandiose Bergwelt geschaffen. Jetzt kann ich diesen Panoramablick genießen; vorher war ich voll auf die Steine konzentriert, um nicht in eine Spalte abzurutschen. Das hätte hier oben sicher böse Folgen. Vor mir liegt ein riesiges Schneefeld und die ersten Spitzen der rückseitigen Trolltindene sind zu erkennen. Meine Freude ist groß. Sofort sind alle Quälereien vergessen. Um keinen Hitzschlag zu bekommen, lege ich mir eine Hand voll Schnee auf den Kopf. Ob es richtig ist? Ich weiß es nicht, aber es hilft den Rest des Weges zu schaffen. Vor mir im Schnee entdecke ich eine ältere Fußspur – für mich eine willkommene Orientierungshilfe, die mir die Sicherheit gibt, dass man das Schneefeld überqueren kann. Es geht immer noch leicht bergauf und je höher ich komme, desto mehr Details sind von den Troll-Zinnen zu erkennen. Vielleicht noch 200 Meter, dann müsste ich es geschafft haben. |
Die Überlegung war richtig. Vor mir liegt zum Greifen nahe ein fantastisches Bergpanorama. In Richtung Åndalsnes sehe ich Trolltindrekken, die Trollgipfel-Reihe, wie eine Säge mit zahlreichen Einschnitten. Daneben alle Gipfel der Trolltindene: Der mächtige Store Trolltind (große Trollzinne) ist mit1788 Meter der höchste Gipfel, daneben die Nadelspitzen von Brudgommen (Bräutigam), Brura (Braut), Trollkjerringa (Trollweib) und Trollspiret (äußerste Trollspitze), gefolgt von Trollryggen (Trollrücken) und zum Schluss das tischartige Gebilde Stabben (abgeflachter Felsen). Alles sieht sehr brüchig aus, überall liegen große Steinplatten und Felsbrocken herum. Ein wahrer Tummelplatz für Trolle. Eine Talsenke vor mir, noch teilweise mit Eis und Schnee bedeckt, hindert mich daran weiter zu gehen. Ich habe mein Ziel erreicht und ein bequemer Ruheplatz ist schnell gefunden. In dieser außergewöhnlichen Bergwelt fällt es nicht schwer die Gedanken zu ordnen. Das Verhältnis Mensch und Natur wird auf eindrucksvolle Weise zurechtgerückt. Die Zeit verrinnt; es wird mir nicht bewusst. |
Der Rückweg | |
Langsam aufsteigende Kühle holt mich aus meinen Träumen und erinnert mich daran, dass es Zeit wird den Rückweg anzutreten. Der Rest der Familie wartet auf mich, sonst würde ich vielleicht noch weitersteigen. Wieder muss ich über dieses große Schneefeld. Im Gegenlicht liegt Storgrovfjellet vor mir – ein überwältigender Anblick. Überall nur Eis und Schnee. Plötzlich gibt es einen Ruck und ich stecke bis zum Bauch im Schnee. Vor lauter Begeisterung bin ich einem dieser schwarzen Felsbrocken, die aus dem Schnee ragen, zu nahe gekommen. Durch die starke Sonneneinstrahlung ist der Stein aufgeheizt, und unterhalb der Schneedecke entsteht ein Hohlraum. Ich kann mich leicht befreien und mache danach einen großen Bogen um jeden größeren Stein. Das Geröllfeld fordert noch einmal meine ganze Konzentration. In Bruchteilen von Sekunden muss die Entscheidung getroffen werden, welcher Stein für den nächsten Schritt oder Sprung der beste und sicherste ist. Nur noch das letzte steile Stück hinunter und ich werde wohlbehalten von meiner Familie in Empfang genommen. Mein Traum ist in Erfüllung gegangen. Eine Bergwanderung, die ich nie vergessen werde, ist zu Ende. |
Mitten im Sommer Eis und Schnee; Storgrovfjellet im Gegenlicht
Kurzbeschreibung Wanderung | ||
| Von Åndalsnes in Richtung Trollstigen fahren. Fahrzeug auf dem Parkplatz abstellen. Fußweg zur Aussichtsplattform. Weiter in nordöstlicher Richtung einem ausgetretenen Pfad folgen. Steiler Anstieg bis zum Hochtal. Auf der halblinken Seite das Geröllfeld in nordöstlicher Richtung durchqueren. Am oberen Ende erster Blick auf Trolltindene. Schneefeld je nach Jahreszeit größer oder kleiner, vorsichtig überqueren. Ein geeigneter Rastplatz ist Frokostplassen mitten in einer großartigen Bergwelt. Schwierigkeitsgrad: Sehr steile Anstiege erfordern gute Kondition. Der Weg führt über große Geröllfelder und ist deshalb für Kleinkinder nicht geeignet. Bei vorzeitiger Ermüdung Wanderung sofort abbrechen und umkehren. Wetter: Die Wanderung nur bei gutem Wetter antreten. Zeit: Ca. 4-5 Stunden für Aufstieg und Abstieg, jedoch möglichst den ganzen Tag einplanen. Entfernung: Zirka 4 Kilometer mit einem Höhenunterschied von ungefähr 700 Metern; das Geröllfeld ist etwa einen Kilometer lang. | Ausrüstung: Karte und Kompass, feste Wanderschuhe (keine Turnschuhe); warme Kleidung und Regenschutz im Rucksack (Wetterumschwung ist immer möglich); bei starker Sonneneinstrahlung Kopfbedeckung. Verpflegung: je nach Bedarf, Hunger macht kraftlos; reichlich Getränke möglichst mit Mineralstoffen. Es besteht keine Möglichkeit Wasser nachzufüllen. Karten: Romsdalsalpene Tourkarte im Maßstab 1:80.000 oder Messtischblatt 1:20.000. Die Karten sollten in der Touristeninformation Åndalsnes erhältlich sein. |
Eingehüllt in Wolken sind Trolltindene ein geheimnisvoller Ort – wie der Name schon sagt, ein Platz für Trolle.
Vom Zentrum in Åndalsnes hat man einen fantastischen Blick auf die Trollwand.
Alle Fotos sind Diapositive. Sie stammen aus dem Jahr 1995 und wurden für die Internetseite digitalisiert – außer die beiden letzten Fotos.
Copyright für Text, Fotos und Karten E. u. P. Westerwalbesloh